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Rollentausch

Rene Redzepi hat in seinem Noma einen furchtbaren Trend angestossen. Köche als Kellner an die Tische zu schicken. Dabei hat es sich im Noma vielmehr um geschulte Kellner gehandelt, die eine Kochjacke anhaben. Aber mal der Reihe nach...


Kennen wir nicht alle das alte, urige Restaurant, auf dem der Wirt gleichzeitig der Koch und umgedreht ist? Er begrüßt uns herzlich mit unserem Namen, bringt die Getränke an den Tisch, empfiehlt seine neuste Kreation, nimmt die Bestellung auf und verschwindet in der Küche, um uns das Essen frisch zu brutzeln. Während er es persönlich an den Tisch bringt - können wir den Fettgehalt des Essens an seiner Kochjacke erkennen. Anhand der nun folgenden Beschreibung des Gerichtes und des dazugehörigen handwerklichen Prozesses können wir seinen Stolz und die Leidenschaft in seiner Stimme hören. (und riechen)

Da schmeckt uns das Essen gleich nochmal so gut. Was für ein Vollblut Gastronom! Was für ein Erlebnis!?


So weit - so gut. Zurück zu unserem besten Restaurant der Welt. Dem Noma in Kopenhagen.

Da Rene Redzepi mit oft mehr als 10 Komponenten auf dem Teller arbeitet - war es schlichtweg zu kompliziert, die vielen Einzelteile sowie deren diffizile Zubereitung von mehr als 12 Gängen dem Service Team zu erklären. Daher wurde der Koch - dessen Gericht er gerade angerichtet hat, einfach mit den Tellern an den Tisch geschickt, um Rede und Antwort den staunenden und fragenden Gästen zu gewährleisten.

Dies hatte jedoch eine schnelle Erkenntnis zu folge - Die Köche wurden komplett aus Ihren Zeiten und Arbeitsablauf herausgerissen. Da sich nicht alle Gäste mit einer einfachen Erklärung zufriedengaben - mussten daher auch alle weiteren Gäste warten bis der Postenchef wieder in der Küche war. Das konnte nur durch noch mehr Personal in der Küche gewährleistet werden.

Weiteres Küchenpersonal kostet natürlich auch Geld. Nun hatte er also eine Servicecrew, die für die Getränke, Wein, das Abräumen, Abrufen und natürlich das Wohl der Gäste zuständig war - und eine Küchenbrigade - die stets mit einem "Runner" an jedem Posten ausgestattet war, um die komplizierten Gerichte an den Tisch zu bringen.

Schnell wurde der Service um 2 Mitarbeiter reduziert - denn die Hälfte der Arbeit wurde ja nun vom Küchenteam bewältigt. Hier ging das ganze Dilemma los...

Viele der eingeteilten "Runner" waren einfach nicht in der Lage, die von Ihnen kreierten Gerichte auch verbal und verständlich zu erklären. Dazu gehört, dass im Noma 80% der Gäste einen internationalen Background haben. Daher musste also alles nochmal in Englisch und übersetzt werden. Dazu kam, dass die Wein- und Getränke Bestellungen der Gäste während der Erklärogie am Tisch an den Service weitergeleitet werden musste. Ich mach es kurz...

Mittlerweile hat Rene Redzepi wieder gut geschulte Servicekräfte eingestellt und Ihnen eine Kochjacke sowie das dazugehörige Küchen Know-How verpasst. Das Ganze ist perfekt in der Reportage „Noma“ auch persönlich von Redzepi zu hören.


Mittlerweile ist es ein Trend geworden, die handwerklich geschulten, jedoch nicht immer emotional-sensibilisierten, und in beiden Welten fachlich kompetenten Köche an die Tische zu jagen, um den Gästen ein Gefühl von dem kleinen One-Man-Show Restaurant zu vermitteln. Das "alles aus einer Hand" Konzept geht in den wenigsten Fällen gut aus. Aus der charmanten Grundidee wird schnell ein Service- und Dienstleistungsdesaster. Wenn ich dann auch noch den alten Spruch höre "Ein guter Koch ist auch immer ein guter Kellner" dann wundere ich mich immer mehr über die fehlende Erkenntnis, was ein perfekt geschultes, und gut eingespieltes Serviceteam in einem Restaurant ausmachen.

Es gibt einen nachvollziehbaren Grund, warum ein Maurer nicht auf die Idee kommt einen Dachdecker zu ersetzen.





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