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Service, Kellner, Tellertaxi & Co

Also mal Hand aufs Herz! Neben der ganzen Lobhudelei der Fernsehköche und dessen medialer Präsenz, möchte ich Heute eine Lanze für die mindest gleichwertigen Helden unserer Branche brechen. Diese feine Eliteeinheit in Restaurants, Bars, Cafés, Bistros etc ist das erste Lächeln, der erste Gruß, der erste Eindruck eines jeden gastronomischen Etablissements. Diese menschgewordene Visitenkarte des Unternehmens verkörpern einfach alles in einem Betrieb. Vom mehr oder weniger modischen Aussehen über das Auftreten erkennen Sie bereits in den ersten Minuten den Stellenwert des Restaurants und der Servicequalität nur Anhand dieser Mitarbeitergattung.

Deshalb ist es auch nicht besonders verwunderlich, dass diese Gastrofreaks auch manchmal über sich hinaus wachsen oder eine gewisse "Arroganz" an den Tag legen. Sie oder Er sind auf der Bühne bzw. Ihrer Station oder Ihres Aufgabengebietes einfach die Chefs im Ring.

"Nicht ohne Grund nennt sich die fachliche Stellenbezeichung ja auch Chef de rang"

Sie sind die geistigen Herrscher und Feelgood Manager Ihrer Gäste, sind Verkaufsleiter mit psychologischen Stilmitteln, Marketingchefs mit kreativen Ideen, Einkaufsleiter für Getränke/Gläser/Besteck/Porzellan/Equipment, Controller bei der täglichen Abrechnung, EDV Profi beim programmieren der Kasse, Chefdiplomat bei der Diskussion mit der Küche & Gästen, Innendesigner, Barchef von unzähligen Cocktails, Sommelier mit gereiftem Hintergrundwissen, Kommunikationsprofis mit rhetorischen Finessen, und müssen fachlich in vielen Welten sicher Zuhause sein.


"Wo sich ein Koch auf seine Rezepte und das Handwerk konzentrieren kann - finden in einer gut ausgebildeten Servicekraft gleich mehrerer Berufe im minütlichen Wechsel statt"

Jeweils auf die Bedürfnisse der Gäste abgestimmt ziehen Sie den Vorhang für den jeweiligen Gast auf und zu. Von Tisch zu Tisch, von Gast zu Gast eine neue Vorstellung. Ein guter Gastgeber kennt alle sozialen Schichten und kann an der Currywurstbude seinen Gästen ebenso eine perfekte Show bieten - wie auch im 3 Sterne Michelin Restaurant.


Die Grundvoraussetzungungen für diese Alleskönner sind, wie Sie schon erahnen, nicht ganz einfach. Man sollte ein gewisses Maß an extrovertierter Selbstverliebtheit besitzen, gepaart mit einer Prise rhetorischem Geschick und Menschenkenntnis.

Es gibt jede Menge Servicekräfte, die diese Qualitäten NICHT mitbringen - tja, die meisten sogar. "Die können es ja lernen" - denken Sie jetzt. NOPE!!! - leider nicht!


"You can train skills- but you can't train a smile!"

Aber diese Mitarbeiter werden Ihnen dann halt auch keinen unverwechselbaren und individuellen Aufenthalt schenken sondern lediglich Ihr Tellertaxi sein. Meist können Sie sich schon beim bezahlen nicht mehr an den Namen des Mitarbeiters erinnern- und wollen dies auch meist gar nicht.


Können Sie sich dennoch an eine Situation erinnern, wo Sie mit der Bedienung von Anfang an einen "Draht" hatten, gescherzt haben, es richtig Spass gemacht hat wenn Sie oder Er an den Tisch kam, das Essen gleich viel besser schmeckte und der Geldbeutel auch beim Trinkgeld etwas lockerer saß? Sie fühlten sich wirklich individuell behandelt und hatten den Eindruck das die Servicekraft "extra" für Sie da ist. Das ist der Service von dem wir Heute sprechen wollen.

"Antizipierter, individueller Service aus dem Bauch fürs Herz"

Bevor man auf die höchste Stufe der Diensleistung tritt, steht ein harter, steiniger Weg bevor. Stupides, stundenlanges Gläser polieren, Tische eindecken, Besteck sortieren, Servietten falten, Getränkekühlhaus putzen, Weinkeller sortieren, Gläser und Teller tragen bis die Finger nicht mehr zu spüren sind, Speise- und Weinkarten auswendig lernen, Kassensystem verstehen. Neben der Praxis kommt eine unendliche Welle an fachlichem Know-How dazu. Angefangen von der klassischen Welt der Käsesorten, bis zum korrekten filetieren, tranchieren, dekantieren, frappieren, flambieren am Gast, zur unendlichen Geschichte des Weines, mindestens 500 Cocktailrezepten und Spirituosenkunde und natürlich den klassischen Servierregeln die bis zur Perfektion einstudiert werden müssen. Dazu immer ein wenig Knigge, damit wir die Fehler der halbwissenden Gäste und Kollegen kaschieren und ausbügeln können. Danach geht es jahrelange an die Erkundung der unterschiedlichen Gästetypologien im In- und Ausland. Personalführung, Controlling, Marketing und Financing sind nur einige weitere Betätigungsfelder die später dazu kommen und stets volle Aufmerksamkeit einfordern und meist nicht weniger als 10 Stunden daily workload.

Sie sehen schon - wir entfernen uns schnell vom studentischen Nebenjob zu einem Beruf der die gesamte Welt öffnet - und dazu den eigenen Horizont stark erweitert.


Ich kenne keinen einzigen Koch auf dieser Welt, der über das geballte Wissen eines gut ausgebildeten, internationalen Hotelmanagers verfügt

Warum also stehen die Servicehelden stets in der zweiten Reihe der medialen und sozialen Wahrnehmung? Tja, weil es die DNA dieses Berufes ist, Gäste ins perfekte Licht zu setzen und sich selbst zurück zu stellen.

Während der Corona Pandemie haben wir ca 250.000 Gastronomiemitarbeiter verloren. Wie also machen wir den Beruf wieder attraktiv?


Hier mein persönlicher 5 Punkte-Plan to change the ServiceWorld:


1) 4 Tage Woche a 10 Stunden. Jeden Monat maximal 2 Wochenenden arbeiten.


2) Gehalt PLUS Trinkgeld ist definitiv MEHR KOHLE als in anderen vergleichbaren Berufsebenen!! Also, wer die minimalen 10% Trinkgeld nicht STEUERFREI auf sein Gehalt aufschlagen kann - iss halt vielleicht auch ein Scheiss Kellner! :-)


3) Gastronomen seit mutig!! Die Preise müssen rauf! Lebensmittel kosten im Moment 30% mehr, Aushilfspersonal arbeitet nicht mehr unter 12 Euronen die Stunde und die Energiekosten Eurer Kühlung werden euch auffressen! Und wenn der Stammtisch nicht mehr kommt? Besser jetzt als in 2 Jahren wenn Ihr PLEITE seit! Hey Sternefuzzis - JA! verlangt Vorkasse für Eure Tische!! Musste ich sogar bei meinem letzten, schlechten Queen Cover Band Abend bezahlen ! :-)


4) Wir brauchen zusätzliche Fortbildungsmöglichkeiten.

Staatlich geförderte Gastro-Akademien, um den jungen Talenten nationale und international Entwicklungsmöglichkeiten zu gewährleisten und Sie langfristig zu interessieren! Und da haben wir vielfältigere Möglichkeiten als alle anderen Branchen!


5) Jeder Chef bekommt die Mitarbeiter die er verdient! Think about it.


Auch wenn ich den Spruch vielfach anders gehört habe- so ist es doch eine Tatsache, dass ein guter Koch nicht ohne einen guten Kellner und Sommelier auskommt. Ein guter Kellner jedoch immer auch ohne Koch! :-)


Cheers!


Thomas




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