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Der Sommelier

Ich möchte mich heute mit einer Randgruppe beschäftigen. Dem Mundschenk - oder eben im Fachjargon Sommelier. Meist ist dieses sensible Wesen in den Gourmetrestaurants dieser Welt oder einschlägigen Weinbars zu finden. Sein streben ist der totale (Wein) Geschmack. Als Vermittler zwischen Winzer, Koch und Gast ist es eine fast undenkbare Aufgabe, die weltweite Sortimentsauswahl mit den Vorlieben seiner Kunden und dem eigenen Geschmacksbild überein zu bringen. Dies ist jedoch die Aufgabe.

Verstehe den Gast, antizipiere seinen Geschmack und empfehle ihm nach seinem Gusto.

Eben diese Challenge klingt im Wesentlichen machbar. Dennoch sind einige, nicht unwesentliche weiche Störfaktoren mit im Spiel.


So gibt es auch unter den Sommeliers den Typus des WEINGOTTES.

Weltbereist hat er bereits in den Weinbergen in Tasmanien unter dem Sternenhimmel geschlafen, um das Terroir in sich zu vereinigen. Seine Freizeitgestaltung dient dem einzig wahren Gott: Der Weinrebe.

Entsprechend orientiert sich dieser, nach der vinophilen Allwissenheit suchende Weinpapst,

nur dem geschriebenen Wort der auflagenstärksten Weinführer und seinem eigenen antrainierten Geschmacksprofil. Eine Kritik ist Blasphemie. Dies lässt er Sie spüren, sobald Sie in die Region der tieferen Stimmlage kommen oder gar den Wein als suboptimal deklarieren.

Sie zerstören damit seine Lebensauffassung, sein persönliches Geschmacksbild, ja - sogar sein Lebenswerk! Gleichwohl holt er aus und schlägt mit Fachbegriffen und einer Weindeklaration um sich, das Sie und Ihre Tischnachbarn sprachlos zurück lässt. Erst wenn Sie sich fügen und Reue zeigen wird er von Ihnen ablassen. An Ihrem Schmunzeln registriere ich, dass Sie dieser weit verbreiteten Spezies also auch schon begegnet sind.

Besonders interessant wird es, wenn dieser Typus auf den folgenden Gast trifft:


Der mit Halbwissen ausgestattete und markenorientierte WEIN-CONNOISSEUR. Er kennt das Medoc und Burgund wie seine Westentasche, trinkt ausschließlich nur über 95 Punkte bewertete Weine und hat einen Weinkeller, der seine Geschäftspartner Ehrfurcht lehrt. Petrus und Yquem sind die favorisierten Jagdtrophäen. Geschmack egal.

Er weiß was gut und teuer ist - und das muss auch gut für seine Gefolgschaft sein. Die Weinkarte ist das Ziel eines Restaurantbesuches, um die Schwachpunkte sofort zu analysieren. Gerne gibt er diese nach einschlägigem Studium an die Servicemannschaft weiter. Ein Schlagabtausch auf Augenhöhe und mit maximierter Profilierung ist seine Intention. Hat er jedoch einen für ihn akzeptablen Kontrahenten gefunden, geht er gerne auch mal Kompromisse ein, um sich nicht vor der gesamten Gefolgschaft zu blamieren.


Dann haben wir noch den Winzer/Brauer als Sommelier Charakter. Er ist Handwerker und Landwirt durch und durch. Seine Leidenschaft gilt den Pflanzen und der technischen Seite der Weinbereitung. Er feilt und spielt mit Öchslegraden, Gärtemperaturen, Hefestämmen und hat stets das ultimative Ziel vor Augen: den Sonnenschein im Glas zu bannen.

Der Wohl am Besten mit fachlichem Know-How bestückte Sommelier ist jedoch meist kein guter Verkäufer. Denn das ist der eigentliche Grund einer Einstellung in einem Restaurant oder im Handel - der Verkauf soll florieren! Außerhalb der Comfort Zone - nebst dem heimischen Weinberg - sind die Bühnenfähigkeiten und lukullischen Basics meist dezimiert. Wer ist also unser Star?


Am besten ist eine Melange oder bleiben wir in der Weinsprache "Cuvee" aus den verschiedenen Sommelier-Typen. Ein gastronomisch geschulter Sommelier mit breitem technischen Wissen und einer sozialen Empathie sowie antizipierender Intelligenz.


Es gibt Sie - und Sie werden hoffentlich demnächst gleich erkennen, wer Ihnen seine Sicht der Dinge auflädt oder versucht, Ihnen einen unverwechselbaren, individuellen Genuss zu verschaffen. Das geht im Übrigen auch mit halbtrockenen Bacchus....


...na ja....Fast ;-)


Cheers.



 














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